Mauersegler-Monitoring 2021


Berliner Viertel


Auszug aus der Dokumentation Mauersegler-Monitoring 2021 (von Franko Cassese)

(Den kompletten Bericht kann man hier bei der NWO (Nordrhein-Westfälische Ornithologengesellschaft)  herunterladen: Mauersegler-Monitoring 2021)

 

"5.3.10 Monitoring „Berliner Viertel“ in Monheim am Rhein

 

Die energetische Sanierung des zweiten Bauabschnitts im „Berliner Viertels“ ist eines der größten Vorhaben, die bisher von der Biologischen Station Hagen betreut wurde. Im Rahmen der ökologischen Baubegleitung ist es gelungen, zahlreiche Brutplätze des Mauerseglers ausfindig zu machen und den Bauablauf auf das Brutgeschehen der Tiere abzustimmen. Die Erhaltung traditioneller Brutplätze im Zuge einer Wärmedämmung ist nicht möglich, so dass insgesamt 161 Mauerseglerkästen als Ausgleich und/oder Ersatz verbaut wurden. Hierauf entfallen 157 auf das Modell TC1 der Firma Theves und vier auf das Modell WDV 1A der Firma Schwegler.

Wie bereits erwähnt, wurde der erste Bauabschnitt leider ohne jegliche artenschutzrechtliche Begleitung durchgeführt. Es steht daher zu befürchten, dass bei diesem Bauvorhaben etliche Fortpflanzungs- und Ruhestätten gebäudebezogener Tierarten ohne einen adäquaten Ausgleich oder Ersatz verloren gegangen sind. Diese Vermutung wird zudem dadurch bestärkt, da das „Berliner Viertel“ seinerzeit weitgehend baugleich aus einem „Guss“ hochgezogen wurde.

 

Vor dem Hintergrund, dass die LEG auch die bisher noch nicht sanierten Bereiche innerhalb des „Berliner Viertels“ mittelfristig energetisch ertüchtigen möchte, wurden die Ergebnisse des Mauersegler-Monitoring mit Spannung erwartet!

 

Der Mauersegler war nicht die einzige gebäudebezogene Vogelart, die Brutplatzverluste durch die Sanierungstätigkeit erleiden musste. Das „Berliner Viertel“ verfügte auch über einen ansehnlichen Bestand an Haussperlingen. Durch die ökologische Baubegleitung kennen wir, im Gegensatz zu den bisherigen Monitoring-Standorten, die ungefähre Bestandessituation vor Baubeginn. Vom Haussperling gab es circa 20 Brutpaare, die vornehmlich an den Gebäuden der Friedenauer Straße beheimatet waren. Der Mauersegler war mit 45 Brutpaaren vertreten und konzentrierte sich an den Gebäuden Berliner Platz und Brandenburger Allee.

 

Als Ausgleich und/oder Ersatz wurden 130 Mauerseglerkästen für den Verlust an Brutmöglichkeiten im zweiten Bauabschnitt und 31 Mauerseglerkästen als nachträgliche Kompensation für den ersten Bauabschnitt verbaut. So standen insgesamt 161 Mauerseglerkästen zur Besiedlung bereit, die im Übrigen auch gerne von den Spatzen angenommen werden. Beide Arten treten natürlich in direkter Konkurrenz um den Brutplatz, so dass einige Nisthilfen bewusst an für Mauersegler sehr unzugänglichen oder niedrigen Stellen in die Fassade integriert wurden und so den Haussperlingen vorbehalten bleiben. Bei völlig frei zugänglichen Nisthilfen wird es spannend zu beobachten sein, inwieweit sich Mauersegler und Spatzen zeitlich einnischen werden. Theoretisch stehen dem Haussperling während der Abwesenheit des Mauerseglers die Nisthilfen ja zur freien Verfügung, so dass ggfs. eine Doppelnutzung im Jahresverlauf denkbar wäre!

 

Das aktuelle Mauersegler-Monitoring kann diese Frage nicht beantworten, da der Kartierungszeitraum hierfür nicht ausreichend war. Erfreulich war aber festzustellen, dass 29 Nisthilfen durch den Mauersegler und 26 durch den Haussperling genutzt wurden und somit beide Arten am Standort gehalten werden konnten!

Es kam allerdings insgesamt zu einer mehr oder weniger starken Arealverschiebung beider Vogelarten innerhalb des Siedlungsbereichs. Die traditionellen Brutplätze des Mauerseglers an der Brandenburger Allee waren in der Regel südlich oder westlich exponiert. Im Zuge der Sanierung fand eine völlige Verlagerung auf die Nordseite der Gebäude statt. Dies geschah einerseits vor dem Hintergrund, dass immer wärmerer Sommer mit längeren Hitzeperioden zu erwarten sind und im Sanierungszeitraum 2019/2020 auch gegeben waren. Zusätzlich sollten Nisthilfen nicht auf die Wetterseite der Gebäude angebracht werden.

Die gut gemeinte Verlagerung der Brutplätze auf die Nordseite, quittierten die Mauersegler mit einer fast völligen Ignoranz der neu installierten Nisthilfen. Von insgesamt 35 verbauten Mauerseglerkästen TC1 wurden nur fünf angenommen. Der Kernbereich der Kolonie wurde demnach stark in Mitleidenschaft gezogen! Das am Ende das Gesamtergebnis mit 29 genutzten Nisthilfen dennoch akzeptabel ausfiel, liegt vor allen an einer Neubesiedlung im Bereich der Gebäude an der Friedenauer Straße. Hier wurden im Rahmen der ökologischen Baubegleitung keine Mauerseglernachweise erbracht, sondern hier nisteten die Spatzen hinter der Fassade aus Kunstschiefer. Die zum Ausgleich und/oder Ersatz für die Haussperlinge verbauten Mauerseglerkästen sind in der Mehrzahl gut zugänglich. Beim aktuellen Monitoring stellte sich nun heraus, dass die Mauersegler viele der Kästen in Beschlag genommen haben und die Spatzen, zu mindestens in den Sommermonaten, aus ihrem früheren Kernbereich verdrängen. Der Grund hierfür dürfte ggfs. mit dem (noch) unsanierten Nachbargebäude (Wilmensdorfer Straße 6) in Zusammenhang stehen, denn hier existiert eine alte Mauerseglerkolonie und hat wohlmöglich die Jungtiere der letzten Jahre nun an die Friedenauer Straße gebunden.

 

Es bleibt abzuwarten, ob die Alttiere der früheren „Brandenburger-Kolonie“ ihren Ärger über die Verlagerung der Brutplätze überwinden werden und die integrierten Nisthilfen der Nordseite akzeptieren?

 

Was die Haussperlinge betrifft, so sind diese durch die Konkurrenz des Mauerseglers nach Westen gedrängt worden. Sie kommen jetzt vornehmlich am Berliner Ring, Plötzenseer-, Charlottenburger-, und Spandauer Straße vor, Bereiche, in denen sie vor Sanierungsbeginn nicht als Brutvogel vorkamen. Ein kleiner Bestand hält sich aber immer noch an der Friedenauer Straße und besiedelt versteckt liegende Kästen oder verteidigt aufopferungsvoll frei zugängliche Nisthilfen gegen den körperlich überlegenen Mauersegler."